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Paul Vogel

 

geb. 1940 in Königswalde/Schlesien

lebt in Marl

schreibt Lyrik und Prosa

Kalligraph

Mitglied der Künstlergruppe „Pyrit“

 

Werke u.a.:

 

Die Leute auf Vahlhaus, 1980

Wildkirschenzweig, 1982

Kleiner Vogel Trrr, 1983

Zwischen Hammer und Feilnagel, o.J.

Wat so an’n Wegg ligg, 1987

Über den Rand hinaus, 1989

Tage wie Glas und Spreu, 1997

Stimmen hinter dem Wind, 2002

Niemandsgärten (Gedichte), 2005

nach nie verklungen (Gedichte), 2011

Herbstbilder (Gedichte), 2013

Wie ein Wispern im Espenlaub, 2014

 

Bei Paul Vogel begegnet man einem Lexikon von Wörtern und Ausdrücken, das vielleicht schon verlorene Landschaften aus traditionellen Tätigkeiten und ewigen Sehnsüchten wachhält. Erscheint hier als literarischer Bruder eines Wulf Kirsten etwa. Seine mitunter traumhaft unschuldige Bildwelt kontrastiert mit unverschönt angedeuteten Begrenztheiten unserer Existenz. Anklänge an Celan in seiner Lyrik sind dazu da, eigenen Ton konturenreicher zu modellieren. (R.S.)

 

Textbeispiel Lyrik:

 

Schlaflos

 

An den weißen Klippen des Dämmers

fallen schwarze Vögel ein

bauen mit Hast ihre Nester

aus den zarten Weben der Frühe

sie essen von den Wurzeln der Stille

trinken vom spärlichen Licht des Mittags

ihr Gefieder wird weich

unter den lastenden Schatten des Abends

und ihre hohlen Schreie

dringen bis ins Herz der Nacht.

          

(aus: Niemandsgärten)

 

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Textbeispiel Prosa:

 

„Paul entdeckte nebenbei noch eine Reihe anderer Gegenstände, die seine Neugier und Phantasie erregten: Eine kleine Galerie von Gipsmodellen bereits angefertigter Schmuckstücke, Treib- und Bohrsätze, die Trauringmaschine, Sepia (Trockenfisch zum Modellieren und Gießen), die Goldwaage und in einem kleinen schwarzen Kästchen die Edelsteinwaage, die ihm wie ein niedliches Spielzeug vorkam, mit winzig kleinen Gewichten und lächerlich dünnen Gewichtplättchen, einen großen Bund Metallringe mit Nummern (Musterringe zur Anprobe) und eine Menge anderer Dinge, die ihn ratlos oder unbeeindruckt ließen.“

 

(aus: Zwischen Hammer und Feilnagel)

 

 

„Zwischen Hammer und Feilnagel“ ist ein reicher Prosatext Paul Vogels. Sein größter Wert liegt in den überaus detaillierten Beschreibungen von Goldschmiedevorgängen. Zudem sind, weiteres dokumentarisches Verdienst der Erzählung, Warendorfer der 50er und 60er Jahre mit ihren Wohnorten, Arbeitsplätzen skizziert. Leid und Trotz des schlesischen Flüchtlingsjungen Paul angesichts hundsgemeiner Erniedrigung durch die Lehrherren vor Ort rühren den Leser an; die Bereitschaft des Heranwachsenden aber, Westfalen trotzdem ganz zu Seinem werden zu lassen, beglückt die Zukünftigen. Erträumte Liebesgeschichte neben Erfüllung im Eislauf, das Halt verleihende Elternhaus abseits der Bürger sind im Gedächtnis bleibende dichterische Lichter des Textes. Vor dem Hintergrund der objektiven, da zeitbedingten Dilemmata sowie des sorgfältig gezimmerten Erzählrahmens erscheint für den Ausklang der Geschichte die Frage schlüssig, ob der Held dem Lehrherren an Fettmarktsonntag tatsächlich Paroli bieten wird. Aber natürlich wird er! (R.S.)