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Rainer Strobelt

geboren 1947 in Ahlen/Westfalen, Deutschland

lebt in Warendorf, Deutschland

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Rainer Strobelts jüngste Besprechungen auf fixpoetry.com:

(Hamburg, 24.12.20) zu Max Czollek, Jüdische Dichtung und jüdische Wehrhaftigkeit: Max Czollek an der Seite von Hirsch Glik, Wunderhorn, 2020.

(Hamburg, 1.2.20) zu Peter Michalzik, Die Liebe in Gedanken: Die Geschichte von Boris Pasternak, Marina Zwetajewa und Rainer Maria Rilke, aufbau, 2019.

(Hamburg, 21.1.18) zu Mascha Kaléko, Verse für Zeitgenossen, dtv, 2017

(Hamburg, 18.8.16) zu Fiston Mwanza Mujila, Tram 83, Zsolnay, 2016

(Hamburg, 15.7.16) zu Itzik Manger, Dunkelgold. (Dritte Auflage), hg. von Efrat Gal-Ed, Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, 2016

(Hamburg, 9.7.16) zu Wulf Kirsten: die Poesie der Landschaft, hg. von Jan Röhnert, Stiftung Lyrik Kabinett, 2016

(Hamburg, 19.4.16) zu Jean-Philippe Toussaint, Fussball, Frankfurter Verlagsanstalt, 2016

(Hamburg, 11.3.16) zu Jeremy Adler, Das bittere Brot: H.G. Adler, Elias Canetti und Franz Baermann Steiner im Londoner Exil, Wallstein Verlag, 2015

(Hamburg, 30.1.16) zu Helden und Legenden, hg. von Martin W. Ramb u. Holger Zaborowski, Wallstein Verlag, 2015

(Hamburg, 5.12.15) zu Sifiso Mzobe, Young Blood, Peter Hammer Verlag, 2015

(Hamburg, 2.9.15) zu Eugeniusz Tkaczyszyn-Dycki, Tumor linguae, Edition Korrespondenzen, 2015

(Hamburg, 18.6.15) zu Heinrich Detering, Wundertiere, Wallstein 2015

(Hamburg, 4.4.15) zu Amos Oz, Judas, Suhrkamp, 2015

(Hamburg, 23.3.15) zu Boris Pasternak, Meine Schwester - das Leben. Werkausgabe 1. S. Fischer Verlag, 2014

(Hamburg, 6.3.15) zu Versnetze_sieben: Deutschsprachige Lyrik der Gegenwart, hg. von Axel Kutsch, Ralf Liebe Verlag, 2014

http://www.fixpoetry.com/feuilleton/kritiken/axel-kutsch/versnetze-sieben

ZWEITMEIST GELESENE REZENSION DES MONATS MÄRZ 2015

 

Zum Rowohlt E-Book Ulla Lachauer, „Der Bienenkönig“ (erschienen Juni 2017)

 

Von Rainer Strobelt

 

Ulla Lachauers Buch zu Imkern in verschiedenen Ländern und Regionen Europas wird 2018 bei Rowohlt erscheinen. Schon jetzt veröffentlicht der Verlag ein Kapitel daraus als vierzigseitiges E-Book.

 

Die renommierte Filmemacherin und Autorin stellt darin den slowenischen „Bienenkönig“ Franc Šivic vor. Neben dem zentralen Thema der Imkerei nimmt sie manch geschickt komponierte, oft ausführliche Einbettung vor zu Geschichte und Landeskunde des jungen Staates, wobei sie anfangs besonders auf das als bezaubernd empfundene Stadtbild Ljubljanas eingeht. Dort hat sie zunächst nämlich unerwartet viel Zeit, da der Interviewpartner noch verhindert ist.

 

Als man sich schließlich trifft, nennt die Autorin gleich ihre Erwartung an den 76jährigen Šivic. „Alles“, wolle sie erfahren, „Ihr Leben“. Dem kommt Šivic dann wahrhaftig nach:

 

Ein Lebensfilm entfaltet sich vor Leserin und Leser, gegründet auf Katholizismus, schwejkhaftem Wagemut und, überhaupt, Wahl der rechten Verbündeten: „Mein Kompass waren die Bienen.“

 

Bereits als Schüler hält er im elterlichen Garten in Ljubljana drei Völker. Durch den Imker-Verein gerät er in oppositionelle Kreise; schafft es listig schon während der Tito-Ära zu forstwirtschaftlich begründeten Aufenthalten in der weiten Welt und ist heutzutage globaler Multiplikator für Sloweniens Imkereiprodukte: „Honig und Begegnung mit Menschen gehören für ihn zusammen.“

 

Dazu ist Šivic ein meisterlicher Fotograf, dem auch eine atemberaubende Aufnahme der Begattung zweier Immen in luftigen Höhen gelungen ist.  

 

Und dann also – nach Stadt- und Kirchengang in Ljubljana, gemeinsamer Autofahrt durch den Karst bei mitunter missionarischem Redefluss des Imkers  – schließlich der Höhepunkt: Ankunft bei Šivics derzeit vierzig Bienenvölkern in der Grenzregion zu Italien, schon ist die Adria per Licht und Wind zu verspüren, auf einem Gelände, das einem botanischen Garten gleicht; Ort auch, an dem die Autorin, als für das Thema Garten literarisch längst ausgewiesen, zu deskriptiver Höchstform aufläuft.

 

Hohes Leserinteresse sowie Glaubwürdigkeit hinsichtlich des Geschilderten erzielt die Autorin dadurch, dass sie kritische Distanz zu ihrem Gesprächspartner zu wahren vermag, wenn dieser mitunter gar zu ausschließlich Werte propagiert wie „Verantwortung, Pünktlichkeit, Tischgebet“.

 

Erst recht kann Ulla Lachauer Leserinnen und Leser fesseln mittels eines Tones, der neben dokumentarischer Sachlichkeit vor allem feuilletonistische Frische zeitigt bei gelegentlich hervortretendem prononciert literarischem Ton („Man sieht die Hinterleibsringe der Carnica glänzen wie Lack, jedes einzelne Härchen ihres gelben Pelzes.“) bis zu lausbübischer Wortwahl wie „Galan“ als Umschreibung eines zeugungsbereiten Drohns.

 

Im Anhang nennt die Autorin Adressen zum Api-Tourismus in Slowenien und empfiehlt Reiselektüre, darunter adäquat zur landeskundlichen und schöngeistigen Präsentation der Bienenthematik drei literarische Titel slowenischer Autoren.

 

So erweist sich das knappe E-Book „Der Bienenkönig“ als höchst ergiebiges Multitalent: atmosphärisch reicher Kurzführer zu Slowenien und besonders seiner Hauptstadt; geschichtlicher Abriss „Slowenien und sein Weg aus Jugoslawien heraus“ sowie der Imkerei Sloweniens durch die Jahrhunderte; Porträt eines außergewöhnlich tatkräftigen Europäers; Liebeserklärung an die Schöpfung mit den Bienen als unverzichtbarem Bestandteil.

 

All das vorgetragen in unangestrengtem, warmem, dabei, wo nötig, durchaus kritischem Ton, von einer bürgerrechtlich orientierten, viel erprobten Autorin, die aber bereit ist auf eine tagespolitische Debatte zu verzichten im Angesicht von verdienstvollem Imker und seinen Bienen: „Warum das gute Leben im Schatten der Bäume stören?“

 

Warendorf, 14.6.17

copyright Rainer Strobelt

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